Schwedische Außenministerin Margot Wallström läd Minister von 16 Staaten ein, um die politische Aufmerksamkeit auf nukleare Risikoreduktion und Abrüstungsmaßnahmen zu lenken.
Auf Einladung der schwedischen Außenministerin Margot Wallström trafen sich heute in Stockholm die Regierungsvertreter von 16 Staaten, unter ihnen überwiegend die Außenminister, um die politische Aufmerksamkeit auf die nuklearen Gefahren zu lenken und den Abrüstungsverpflichtungen der Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrages (NVV/NPT) neues Leben einzuhauchen.
„Die Situation auf der Welt ist gefährlich und die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen ist größer als seit vielen Jahren", erklärte Margot Wallström. "Wir engagieren uns in dieser Form, weil wir energisch im Bereich Abrüstung voranschreiten müssen. “Der NVV ist der Grundstein internationaler Initiativen für Abrüstung und Nichtverbreitung. Die Atommächte sind in dieser Hinsich wichtige Verpflichtungen eingegangen und deshalb konzentrieren wir uns insbesonders auf die Diskussion über den NVV."
An dem Treffen nahmen eine Reihe Regierungen aus atomwaffenfreien Staaten (Argentinien, Finnland, Äthiopien, Indonesien, Jordanien, Kasachstan, Neuseeland, Schweden und die Schweiz) und aus Staaten teil, die Mitglieder in Bündnissen mit einer Politik der erweiterten nuklearen Abschreckung (Kanada, Deutschland, Japan, Niederlande, Norwegen, Republik Korea und Spanien) sind. Diese Zusammensetzung macht die beteiligten Staaten zu einer sehr glaubwürdigen und potenziell einflussreichen Gruppe. Die Initiative könnte helfen, die Kluft zwischen nuklearen und nichtnuklearen Staaten zu überbrücken und beitragen, auf der NVV/NPT-Überprüfungskonferenz 2020 zu einer Vereinbarung über praktische und substanzielle Schritte auf dem Weg zur nuklearen Abrüstung beizutragen.
Die Minister verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihr gemeinsames Ziel einer "atomwaffenfreien Welt" hervorheben und den Aufruf des Generalsekretärs der Vereinten Nationen unterstützen, Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen wieder ganz oben auf die internationale politische Agenda zu setzen. Sie forderten konkrete Abrüstungsmaßnahmen, die gemeinsam mit den Atomwaffenstaaten vorangetrieben werden könnten, darunter „Maßnahmen zur Verringerung der Rolle von Atomwaffen in Doktrinen und Politik, Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und zur Verringerung jeglicher Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen, Verstärkung der negativen Sicherheitsgarantien, Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Überwachung der nuklearen Abrüstung und das Problem der Produktion von spaltbarem Material anpacken. “
Der deutsche Außenminister, Heiko Maas, sagte bereits im Vorfeld der Reise, dass "Abrüstung und Nukleare Nichtverbreitung [...] in der Krise [stecken]. Das ist eine Gefahr für den Weltfrieden. Wir müssen dem Negativtrend etwas entgegensetzen." Er sähe die Kernwaffenstaaten dabei in der Pflicht zu handeln und meinte weiterhin, dass "[w]ir [...] einen klaren Matchplan [brauchen], damit die Nichtverbreitungs-Architektur daraus gestärkt hervorgeht."
Die in Stockholm diskutierten konkreten Abrüstungsmaßnahmen sind näher erläutert im Arbeitspapier – „Unlocking disarmament diplomacy through a ‚stepping stone’ approach“ („Den Weg für die Abrüstungsdiplomatie freimachen durch einen ‚Schritt-für-Schritt’-Ansatz“) – , das Schweden dem Vorbereitungsausschuss für den NVV im Mai 2019 vorgelegt hatte.
Das Papier fordert die an der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags 2020 teilnehmenden Atomwaffenstaaten und die mit ihnen verbündeten Staaten auf, einer Reihe von konkreten Maßnahmen zuzustimmen, darunter:
- Stärkung der Norm gegen jeden Einsatz von Atomwaffen, zum Beispiel durch die ausdrückliche Feststellung, dass "ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf";
- Verhinderung des Ausbruchs eines Atomkrieges durch Festlegung auf den Nicht-Ersteinsatz von Atomwaffen.
- Zusage der noch ausstehenden Ratifizierungen aller Protokolle für regionale atomwaffenfreie Zonen (NWFZ), verbunden mit der verbindlichen Zusage der Atomwaffenstaaten, niemals den Vertragsstaaten der NWFZ mit Atomwaffen zu drohen oder gegen sie einzusetzen;
- Festlegung klarer Unterscheidungsmerkmale zwischen konventionellen und nuklearen Trägersystemen, um einen Atomkrieg durch Missverständnisse oder verschleierten Atomwaffeneinsatz („Mission Creep“) zu vermeiden;
- Erhöhung der Vorwarnzeit für den Start von Atomwaffen, um den irrtümlichen Einsatz zu vermeiden, z.B. durch Rücknahme von Atomwaffen aus dem Höchstalarmzustand und Beendigung der Politik des „Abschuss nach Warnung“ („launch on warning“).
Die "Stepping Stone" Vorgehensweise reflektiert die New Agenda Coalition, die maßgebend zur Entstehung der Übereinkunft der Atomwaffenmächte und ihrer Verbündeten auf 13 praktische Abrüstungsschritte bei der 2000 NVV Überprüfungskonferenz beitrug. Sie setzt weiterhin auf Ideen anderer Initiativen, wie die "Building Block" Vorgehensweise der VN Open Working Group in 2013 und der Nicht-Verbreitung und Abrüstungsinitiative, die 2010 von 12 Regierungen ins Leben gerufen wurde.
Die "Stepping Stone" Vorgehensweise wurde zusammen mit dem British-American Security Information Centre (BASIC) entwickelt und zielt darauf ab, die Kernwaffenstaaten nicht zu isolieren oder ihre sicherheitspolitische Sichtweise zum Thema Nukleare Abschreckung gering zu schätzen, sondern ihre Sicherheitsbedenken durch Abrüstungsmaßnahmen, wie Vertrauensbildung und Verifikationsprozesse, aufzugreifen.
"Es ist von entscheidener Bedeutung, dass die Staaten wieder ihre Aufmerksamkeit auf nukleare Abrüstung und der Einschränkung der schlimmsten Seiten eines nuklearen Rüstungswettlauf lenken," meint Paul Ingram, Direktor von BASIC. "Dies benötigt Visionen, aber auch Kooperation und adaptive Vorgehensweisen, die eine gute Dosis strategische Empathy beinhalten." (Sehen Sie dazu BASIC Report: Stepping Stones to Disarmament – Making Progress in a Polarised International Climate)
Als solche, die Deklaration des Ministertreffens behauptet, dass "[obwohl] von verschiedenen Regionen und Sicherheitslagen, sind wir in unserem Glauben vereint, dass konstruktives politisches und diplomatisches Engagement essentiell zur Vertrauensbildung ist, welches wir für den Fortschritt zu unseren gemeinsamen Zielen benötigen."
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